

Hilde Domin
Die schwersten Wege
Die schwersten Wege
werden alleine gegangen,
die Enttäuschung, der Verlust,
das Opfer,
sind einsam.
Selbst der Tote, der jedem Ruf antwortet
und sich keiner Bitte versagt,
steht uns nicht bei
und sieht zu,
ob wir es vermögen.
Die Hände der Lebenden, die sich ausstrecken
ohne uns zu erreichen,
sind wie die Äste der Bäume im Winter.
Alle Vögel schweigen.
Man hört nur den eigenen Schritt
und den Schritt, den der Fuß
noch nicht gegangen ist, aber gehen wird.
Stehenbleiben und sich Umdrehn
hilft nicht. Es muss
gegangen sein. (…)
(In: Domin, Hilde (1987): Gesammelte Gedichte, Frankfurt/Main, 116f)
Wie uns die Evangelien berichten, erleben Jesus am Kreuz, Maria unter dem Kreuz und auch die Menschen um Jesus im Zusammenhang mit der Passion und dem Sterben Jesu Momente tiefster Einsamkeit und Verlassenheit.
Auch heute erleben sehr viele, mittlerweile auch zunehmend junge Menschen trotz der enorm gestiegenen Ausbreitung und Nutzung sogenannter „sozialer“ Medien Momente von Einsamkeit und Verlassenheit.
